notesofmalt - whiskyblog
tastingsnotes

Früher Masse - heute Klasse? 

Ältere Originalabfüllungen sind begehrte Raritäten, früher Masse heute Klasse? In diesem Beitrag widme ich mich ein paar dieser früheren Originalabfüllungen und gehe auch auf deren Verfügbarkeiten ein. Wir beginnen in den Lowlands mit zwei früheren Auchentoshan.

Auchentoshan 10 Jahre, 40%, Originalabfüllung (Ende 1990er Jahre). Ausbau: Keine Angabe

Nase: Fruchtig und parfümiert, aufdringlich. Ich finde Orangenmarmelade, überreife Zitronen und Lavendel, einen Hauch Veilchen. Dahinter kalter Tee und Apfelschalen, ganz wenig Malz und Haferkekse.

Gaumen: Immer noch fruchtig, dazu kommt aber ein recht kräftiges Karamellaroma. Ich finde kandierten Apfel, Stachelbeeren und die Haferkekse, nun aber schon recht braun gebacken.
Außerdem hat der Auchentoshan einen leicht grasigen Einschlag sowie spürbaren Eukalyptus.

Abgang: Eher kurz, sanft und rundet die vorherigen Eindrücke schnell ab.

Fazit: Ein milder und sanfter dram, wenn man über die intensiv blumige Nase hinwegsieht. Einfach zu genießen, perfekt für den Sommer. 80/100 Punkte (2022)

Zur Verfügbarkeit: Dieser 10-Jährige ist in Auktionen aktuell noch recht gut erhältlich, preislich bewegen wir hier uns einschließlich Nebenkosten zwischen 45 und 60 €, je nach Zustand.

 

Auchentoshan Three Wood, 43%, Originalabfüllung (ca. 2006). Ausbau: Bourbonfässer, anschließend Oloroso und Pedro-Ximinez Sherrfässer

Nase: Sehr speziell. Blumenwiese, süßer Sherry und ein wenig Schwarzpulver. Chinesischer Pflaumenwein, Sultaninen und Chicorée, außerdem ein wenig Holzleim. Im Hintergrund erahne ich flambierte Orangen mit Karamell und Weinbrand. Die blumige Süße kommt immer wieder durch, dadurch behält der Auchentoshan eine angenehme Leichtigkeit.

Gaumen: Rosinen und Datteln treffen auf nasse Holzplanken und Orangencreme. Dazu finde ich Gewürznelken, Karamell und etwas Marzipan, Zabaione und getrocknete Aprikosen. Eine leicht prickelnde Säure fällt mir noch auf, insgesamt dominieren die Sherryaromen.

Abgang: Kurz bis mittellang, angenehm süß mit einer zarten Portion trockener Eiche, zum Ende hin geröstete Mandeln.

Fazit: Trotz seiner kräftigen Sherryaromen kommt dieser Auchentoshan federleicht daher, ein angenehm süffiger Single Malt. 82/100 Punkte (2022)

Zur Verfügbarkeit: Der Three Wood taucht ebenfalls immer wieder in Auktionen auf, preislich einschließlich Nebenkosten bewegen wir uns hier je nach Zustand allerdings bereits über 100 €. 


Weiter geht es auf die Isle of Jura....

Jura 10 Jahre, 43% alc. Originalabfüllung (Ende der 1990er Jahre, yellow longitudinal label). Ausbau: Keine Angabe

Nase: Eine rustikale Mischung aus Getreide, Kinderlakritz und ganz leichtem Torfrauch, dazu eine angenehme Süße und milden Fruchtaromen. Ich finde Heu sowie unreife Äpfel, Heidekraut und eine ganz leichte Spur von Meersalz. Klingt vielleicht vielschichtig, ist aber dann doch recht eintönig.

Gaumen: Malz und Hafer, Lakritz und Milchschaum. Ich denke an Apfelkuchen und danach direkt an eine deutlich würzigere Komponente, es folgen Meersalz und Pfeffer, wodurch der Whisky recht trocken wirkt.

Abgang: Mittellang bis lang, würzig und kräftig, leicht kratzig. Führt die Eindrücke des Gaumens recht kräftig fort, etwas trockene Eiche und Mandeln kommen hinzu.

Fazit: In der Nase finde ich diesen Jura zwar nicht schlecht, aber langweilig. Am Gaumen weiß er dann mehr zu gefallen, im Abgang übertreibt der Jura dann ein wenig. 78/100 Punkte

Zur Verfügbarkeit: In Auktionen taucht dieser Whisky immer wieder mal auf, das Angebot würde bei höheren Preisen vermutlich auch zunehmen. Aktuell kann man diesen Jura einschließlich Nebenkosten zwischen 30 und 50 € erwerben.


Nach dem Jura mache ich mit einem lizensierten Glen Elgin von White Horse Distillers weiter, abgefüllt 1986. 

Glen Elgin 12 Jahre, 43%. Originalabfüllung (White Horse Distillers, 1986). Ausbau: Keine Angabe.

Nase: Alt, richtig alt wirkt dieser Whisky. Leichter Torfrauch, antike Holzmöbel, Eichenpolitur und etwas kalter Kamingeruch. Wir bewegen hier uns in einem früheren Herrenzimmer, eine dicke Staubschicht liegt auf dem Parkett. Danach kämpfen sich Fruchtaromen in den Vordergrund, getrocknete Pflaumen neben Orangenabrieb, dazu Mandeln und ein wenig Malz.

Gaumen: Kräftig und intensiv, trocken und viel Ruß, etwas Torfrauch. Ich muss an Apfelsaft mit Pfeffer sowie an einen Räucherofen denken. Dazu kommen Thymian, Anis und Majoran, schwarzer Tee und Bienenwachs. Die Fruchtaromen wirken nun etwas künstlich und erinnern an Geleebohnen.

Abgang: Lang, trocken und das Herrenzimmer ist mit seinem Kamin zurück, irgendwo im Nebenzimmer raucht jemand Zigarre. Auch finde ich bunten Pfeffer.

Fazit: Davon werde ich mir noch eine Flasche holen müssen, ein wirklich altmodischer Glen Elgin. 85/100 Punkte

Zur Verfügbarkeit: Leider ist dieser Glen Elgin nur noch schwer zu bekommen und taucht in Auktionen immer seltener auf, preislich liegen wir hier bei 170 bis 200 €.


In der Speyside kommt man ja quasi auch nicht an Aberlour vorbei....

Aberlour 5 Jahre, 40% alc. Originalabfüllung (1980er Jahre, Towerhouse Label mit Schraubverschluss). Ausbau: Oak Casks (keine nähere Angabe)

Nase: Sommerlicht fruchtig und mild, Äpfel und Birnen, etwas Mango und Grapefruit. Dazu Getreide und altes Brot sowie Eistee mit einem zarten Hauch Minze. Insgesamt sehr leicht und angenehm.

Gaumen: Süß und buttrig, gleichzeitig mild fruchtig. Der Aberlour hat einen Hang zur Bitterkeit, Grapefruit kommt mir wieder in den Sinn. Dazu süßer Honig, verschiedene Küchenkräuter und grüner Tee.

Abgang: Eher kurz und cremig, leicht süß und mild. Honig in kaltem Tee.

Fazit: Weder komplex noch aufregend, aber für 5 Jahre erstaunlich gut. Ein richtig angenehmer Whisky für den Hochsommer. 81/100 Punkte (2022)

Zur Verfügbarkeit: In Auktionen ist der 5-Jährige noch regelmäßig für 45-60 € erhältlich, ein Kauf lohnt sich meiner Meinung nach.


Und zum Abschluss geht es in die Highlands zu Fettercairn 

Fettercairn 10 Jahre, 40% alc. Originalabfüllung (ca. 1995). Ausbau: „Oakwood Casks“, keine weitere Angabe.

Nase: Birnenkuchen und Buttergebäck, Aprikosen sowie Anklänge von Honigmelone. Eine leicht säuerlich/muffige Komponente lässt hier „old bottle flavour“ erahnen, erinnert an Obst im Keller, was aber überhaupt nicht störend ist. Der Geruch wird wieder etwas intensiver, ich finde würzige Orangenmarmelade, gezuckerte Ananas, Zedernholz und Röstmalz, zum Ende hin ein Spritzer Grapefruit und Aprikosenkerne.

Gaumen: Ähnelt der Nase, ist aber weniger süß. Dafür mehr Würze, mehr Holz, deutlich mehr Malz. Reife Birnen und Äpfel, gesalzene Nussmischung, dunkles Landbrot. Die Orangenmarmelade ist noch zu finden, dazu Pfeffer und Hefegebäck.

Abgang: Mittellang und sehr ausgewogen zwischen Nase und Gaumen. Süß, leicht würzig und mit einer sehr dezenten Bitterkeit.

Fazit: Vielschichtig und harmonisch, ein sehr ausgewogener und empfehlenswerter Fettercairn. 84/100 Punkte (2022)

Zur Verfügbarkeit: Diese Abfüllung taucht regelmäßig in diversen Whiskyauktionen auf, inklusive Nebenkosten muss man mit 60 bis 75 € rechnen.


 
 
 
 
E-Mail
Infos
Instagram