Tomintoul im Fokus
Wer nach Ballindalloch kommt und eine schmucke historische Brennerei erwartet, wird vielleicht enttäuscht werden. Tomintoul wurde im Jahr 1964 gegründet und man entschied sich damals für schlichte Industriebauten. Lange Zeit war die Brennerei im Besitz von Whyte & Mackay, bis im Jahr 2000 das Unternehmen Angus Dundee Distillers die Gebäude erwarb. Neben der eigentlichen Brennerei und den Lagerhäusern ist auf dem Gelände auch eine Anlage für die Herstellung von Blends installiert.
Die insgesamt vier Brennblasen produzieren aktuell rund um die Uhr (24/7) 3.3 Millionen Liter reinen Alkohol jährlich. Tomintoul konzentriert sich überwiegend auf ungetorften Whisky, nur wenige Wochen im Jahr wird mit 55ppm stark getorftes Malz verwendet. Der rauchige Whisky wird für den Tomintoul Peaty Tang und den stark rauchigen Old Ballantruan verwendet, der wiederum nach der Wasserquelle der Brennerei benannt wurde. Der Whisky wird nicht nur als Single Malt vermarktet, er wird auch für Blends verwendet. Zudem wird bei Tomintoul auch im Auftrag zum Beispiel für Supermärkte produziert.
Ein Besucherzentrum besteht nicht, dennoch ist es manchmal möglich, die Brennerei nach vorheriger Anmeldung zu besichtigen.
Über die Jahre habe ich immer wieder Tomintoul im Glas gehabt und ich möchte hier einmal die aktuellen Hauptprodukte (Core Range) vorstellen. Einen ersten Teil hatte ich bereits Ende 2021 im Glas, die anderen Whiskys im Januar 2022.
Folgende Whiskys habe ich mir vorgenommen:
- Tomintoul Cigar Malt, 43%
- Tomintoul With a peaty Tang, 40%
- Tomintoul 10 Jahre, 40%
- Tomintoul 16 Jahre, 40%
- Tomintoul 21 Jahre, 40%
- Tomintoul 2009, 12 Jahre, Oloroso Finish, 40%
- Tomintoul 2006, 15 Jahre, Port Finish, 46%
- Old Ballanturan Original, 50%
Im Fazit muss ich sagen, dass der leichte und mild/fruchtige Charakter herrlich zu Nachreifungen sowie einer erhöhten Trinkstärke passt. Es ist wirklich bedauerlich, dass die klassische Core Range nur mit 40% abgefüllt wird, aber immerhin bekommt man bei den limitierten Abfüllungen ein paar Umdrehungen mehr. Auch die getorften Abfüllungen sind zu empfehlen, der Rauch bringt noch einmal neue Aromen und ein wenig mehr Komplexität in den Whisky.
Tastingnotes
Tomintoul Cigar Malt, 43% alc. Originalabfüllung. Ausbau: Oloroso Sherryfässer
Nase: Klare Sherryaromen. Ich finde Rosinen in Milchschokolade und süße Datteln, Walnüsse und Malz. Getrocknete Beeren, trockenes Zedernholz und Zimt, außerdem Pfeifentabak.
Gaumen: Ein sehr milder Antritt, weich und cremig. Brombeeren und auch Johannisbeeren sind sofort präsent, auch die Rosinen kommen wieder. Die Fruchtaromen werden von Pfeffer und Muskat ergänzt, zudem leicht bitteres Eichenholz. Zum Ende hin Kakaobutter und Cappuccino.
Fazit: Dieser Tomintoul ist anders als andere Abfüllungen. Auf jeden Fall aromatischer und intensiver, auf dem Gaumen aber immer noch sehr cremig. Ein Sherrywhisky zur Zigarre? Ich denke das könnte gut passen. 84/100 Punkte (2022)
Tomintoul „With a Peaty Tang“, 40% alc. Originalabfüllung (2021). Ausbau: wohl überwiegend Bourbonfässer
Nase: Relativ maritim, ich muss an einen kleinen Kutter an der Küste denken. Sehr klarer Torfrauch und Teer, leicht süß mit Honig und Heidekraut. Dahinter frische Birne und etwas Limette, Haselnüsse und Orangenabrieb.
Gaumen: Recht mild und cremig, kalter Torfrauch mit leichter Schokolade und Milchkaffee. Viel Malz, etwas Karamell und Nüsse, verbrannter Pizzateig. Dazu eine leichte Süße.
Abgang: Mittellang und rauchig, etwas Grapefruit neben Eichenholz, welches länger bitter anhält.
Fazit: In der Nase überraschend vielschichtig mit schönen Facetten, auf dem Gaumen kann er nicht ganz mithalten, was an der geringen Alkoholstärke liegt. Im Vergleich zur 2014er Version gefällt mir die aktuelle Abfüllung besser. 83/100 Punkte (2022)
Tomintoul 10 Jahre, 40% alc. Originalabfüllung (2021). Ausbau: Bourbon- und Sherryfässer
Nase: Buttergebäck, Crossaint mit Butter und Marmelade. Insgesamt fruchtig und sehr floral, blumig. Zudem finden sich grüner Tee und Malz in der Nase, ein Hauch von getrockneten Aprikosen und Erdnüssen.
Gaumen: Leicht fruchtig, sehr cremig, die Betonung liegt aber auf Getreidearomen und Eichenholz. Karamell kommt auf, viel Malz, einiges an weißem Pfeffer, Butterkekse und angenehme Bitterkeit.
Abgang: Mittellang, einiges an Karamell und gut eingebundene Vanille. Die Eiche hält länger an und verbleibt leicht bitter.
Fazit: Rund, harmonisch und cremig, trotz dem etwas bitterem Grundcharakter. Ein sehr solider Speyside Whisky. 81/100 Punkte (2021).
Tomintoul 16 Jahre, 40% alc. Originalabfüllung (2021). Ausbau: Bourbon- und Sherryfässer
Nase: Wildblumenwiese, Heu und elegante Orangenaromen. Dazu kommt Mandarinenschale, auch das Malz ist dezent da. Die Süße wird dicker, Orangenmarmelade und ein hauch gezuckerte Äpfel. Im Hintergrund hält sich grüner Tee.
Gaumen: Würzig und fruchtig, wieder die Orangenmarmelade, dazu ein Spritzer Zitronensaft. Getragen werden die Fruchtaromen von Zimt und Pfeffer, ganz wenig Ingwer und ein Hauch Hauch Nougat in dunkler Schokolade.
Abgang: Sehr lang, Shortbread mit Orangenmarmelade und Gewürzen. Zum Ende hin bleiben Kakao und Espresso sowie ein wenig Pfeffer.
Fazit: Harmonisch rund, die Gewürze ergänzen den fruchtigen Charakter. 2014 hatte ich schon mal einen 16-Jährigen Tomintoul, heute ist er deutlich runder. 84/100
Tomintoul 21 Jahre, 40% alc. Originalabfüllung. Ausbau: Bourbon und Sherryfässer
Nase: Elegant. Zitronenkuchen mit Glasur, Haferkekse, Orangenmarmelade und einiges an Vanille. Dazu kommen sehr reife Pfirsiche, mit etwas Zeit Pfirsicheistee.
Gaumen: Birnensaft und Orangen, etwas Zitrone. Vanille und Karamell, ein Hauch Nougat, zudem Milchschokolade und wieder Haferkekse. Leicht wässriges Mundgefühl.
Abgang: Mittellang, hier kommt das erste Mal auch ein wenig Holzwürze auf, zudem wieder sehr viel Karamell, Mandeln und bitterer Espresso.
Fazit: Kein schlechter Whisky, aber im direkten Vergleich haben mir der 10-Jährige und der 16-Jährige besser gefallen. Der doch sehr elegante und harmonisch fruchtige Grundcharakter wird mit dem Alter noch weicher, dazu die nur 40% Alkoholvolumen, da fehlt es aus meiner Sicht an Biss. Ich hätte diesen Whisky gerne in Fassstärke oder zumindest mit 46%. 81/100 Punkte (2021).
Tomintoul 2009 - 2021, 12 Jahre, Oloroso Finish, 40% alc. Originalabfüllung. Ausbau: Bourbonfässer, Nachreifung in Oloroso-Sherryfässern.
Nase: Die Sherryaromen sind erst einmal im Vordergrund. Orangensaft, Erdbeerkuchen und getrocknete Brombeeren. Ich finde Malz und frisch geschnittenes Gras, etwas Honig und Milchkaffee.
Gaumen: Malz und getrocknete Beeren, einiges an Getreidearomen und etwas Walnuss. Es folgen würzige Orangenmarmelade, Gummibärchen, ein Hauch Menthol, Zimt und Eichenholz.
Abgang: Mittellang und würzig. Wieder die Walnüsse, ein paar Mandeln, Muskat und Zimt. Zum Ende hin Johannisbeeren in Alpenmilchschokolade.
Fazit: Auf jeden Fall deutlich mehr Tiefe und weniger seidig als der 10-Jährige, wenn leider auch nur mit 40% abgefüllt. Die Sherryfässer bringen hier noch einmal mehr Kraft in den Whisky, gleichzeitig bleibt er harmonisch. 83/100 Punkte (2022)
Tomintoul 2006 - 2021, 15 Jahre, 46% alc. Originalabfüllung. Ausbau: Nachreifung in Portweinfässern
Nase: Sehr fruchtig und cremig. Erdbeeren mit Schlagsahne, frisch gepflückte Brombeeren und dezente Sauerkirsche. Dazu ganz zarte Vanilletöne. Mit ein wenig Zeit im Glas finde ich dann noch feuchtes Laub, milde Zigarren und Heu.
Gaumen: Sehr süß, leicht trockenes Mundgefühl. Die Fruchtaromen der Nase setzen sich hier fort, zeigen sich aber eher gekocht als Marmelade. Ansonsten ziemlich malzig, Zigarrentabak, Anis und ein winziger Hauch Eiche.
Abgang: Mittellang und etwas konzentrierter und würziger als auf dem Gaumen. Trocken fruchtig, etwas Eichenholz und zarte Milchschokolade.
Fazit: Den 15-Jährigen mit Portfinish gibt es schon ein paar Jahre, diese Edition ist aber die erste mit klarer Angabe des Jahrgangs. Hier treffen der cremig/milde Charakter der Brennerei auf eine intensive Nachreifung, das Ergebnis ist fruchtig und äußerst harmonisch. 85/100 Punkte (2022)
Old Ballantruan, The Peated Malt, Smokey Original, 50% alc. Originalabfüllung (2021). Ausbau: Keine nähere Angabe
Nase: Ziemlich cremig, der Torfrauch ist zwar da, wirkt aber gemäßigt. Ich finde Karamell, Vanillepudding und Creme Brûlée, aber auch Malz und Kandis. Süßer Torfrauch trifft auf kandierte Äpfel, im Hintergrund Kochbananen. Nach etwas Zeit kommen dann leichte Holzkohle und BBQ-Noten, Pflaumenmus und Milchschokolade.
Gaumen: Kräftig und deutlich mehr Rauch als in der Nase. Schinken, Karamell, scharfe Paprika und Pfeffer, dazu Sahnepudding und Honig. Lakritz und Pflaumen. Zum Ende hin kommt die Schärfe zurück, ein wenig Chili.
Abgang: Lang und rauchig, leicht würzig. Süßer Torf, Asche, Bacon und Zitronentarte.
Fazit: Spaß macht er, was erst einmal die Hauptsache ist. Die unterschiedliche Intensität bei Geruch und Geschmack mag etwas überraschend wirken. 83/100 Punkte (2022)