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Whisky aus vergangenen Zeiten (Teil 1)

Auch in der Whiskywelt gibt es sie, die Legenden, die man unbedingt mal probiert haben muss. Manchmal sind es einzelne Abfüllungen, manchmal Brennereien. Nicht selten ist man froh überhaupt noch eine Flasche irgendwo zu finden, preislich dann meist sehr schmerzhaft. Dieses Jahr konnte ich schon einige Raritäten verkosten, darunter zwei wunderbare  North Port und einen  Glen Mhor aus den 1970er Jahren. An dieser Stelle habe ich mir nun ganz bewusst ein paar echte Raritäten zugelegt. Folgende Abfüllungen habe ich für diesen Beitrag verkostet: 

  • Banff 1974-1996, 40%, Gordon & MacPhail
  • Banff 1976-2000, Hellmark of St. James 
  • Caol Ila 1969, 15 Jahre, 40%. Gordon & MacPhil (Connoisseurs Choice, brown label)
  • Dallas Dhu 10 Jahre, 40%, Gordon & MacPhail
  • Dallas Dhu 12 Jahre, 40%, Gordon & MacPhail 
  • Port Ellen 1977-1994, 17 Jahre, 60,4%. Signatory Vintage (dumpy bottle). Fass 5560  


Banff aus den 1970er Jahren 

Was macht die beiden folgenden Banff so besonders? Die Brennerei wurde 1983 geschlossen und anschließend abgerissen. Der Whisky ist heute nur noch sehr schwer erhältlich.

Foto: Diageo Archive


Banff 1974 - 1996, 40% alc. Abfüller: Gordon & MacPhail (Connoisseurs Choice, Old Map Label). Ausbau: keine Angabe

Hintergrundbild: thewhiskyvault.com

Nase: Einerseits etwas künstlich süß und andererseits ziemlich viel Natur. Fangen wir mal mit der süßen Komponente an. Ich finde Kiwi und Stachelbeeren, Fruchtgummi, Birnenkompott und Apfelwein. Daneben Heu, Stroh, frisch gefällte Eiche und feuchte Sägespäne in der Feuerschale. Im Hintergrund ganz minimal Pfeffer. Das Glas kurz absetzen um dann wieder dran zu riechen ist bei diesem Whisky grandios, diese Süße ist immer wieder präsent und ganz vorsichtig drängen sich die anderen Aromen in den Vordergrund.

Gaumen: Auch hier süß, dazu überraschend malzig und leicht bitter. Ich muss wieder an Stachelbeeren und Apfelwein denken, dazu Karamell und Pfeffer, Mandeln und grün/grasige Aromen, zum Ende hin Eiche pur. Leider deutlich weniger spektakulär als die Nase.

Abgang: Mittellang bis lang, mehr Würze. Eine Mischung aus Pfeffer, Fenchel und Senf neben milden Sommeräpfeln, Heu und Grapefruit. Eine deutliche Bitterkeit hält an.

Fazit: Beginnt stark und wird leider schwächer, etwas mehr Alkohol hätte diesem Banff bestimmt auch mehr Komplexität verliehen. Der Stil ist nicht ganz einfach, kann aber in geselliger Runde für viel Gesprächsstoff sorgen. 85/100 Punkte (2022)

 

Banff 1976 - 2000, 23 Jahre, 55,4% alc. Abfüller: Hallmark of St. James. Ausbau: keine Angabe

Hintergrundbild: anonym

Nase: Gräser und Sträucher, frisch geschnittene Hecke, dazu verschiedene Blütenpollen. Vor so einem Geruch haben viele Allergiker erst mal Respekt, ich weiß wovon ich spreche. Immerhin tränen mir die Augen nicht, der Alkohol ist perfekt eingebunden. Wir bleiben in der Natur, ich finde feuchten Lehm, Moos und Nadelwald. Mit der Zeit kommen etwas Limette und Birne dazu, auch ein hauchzartes Vanillearoma. Entfernt ein bisschen Holzrauch. Insgesamt ziemlich unaufgeregt und harmonisch.

Gaumen: Viel weniger grasig, dafür kommen hier intensive Fruchtaromen auf. Äpfel, Orangen und Birnen, Aprikosen und sogar etwas harte Bergpfirsiche. Im Hintergrund eine Mischung aus Bienenwachs, Schwarztee und Eukalyptus, zudem finde ich wieder diesen ganz leichten Holzrauch und daneben Karamell.

Abgang: Lang und viel Eichenholz, nun auch nicht mehr Holzrauch sondern dezent Torf. Die Fruchtaromen sind wieder milder und gehen ähnlich der Nase eher in Richtung Limette und Zitrone, dafür kommen kräftige Kräuter/Gewürzaromen auf, darunter Pfefferminz, Salmiak und entfernt Melisse. Leder und Milchschokolade runden ab.

Fazit: Herrlich komplex. Die Nase startet ja noch relativ ruhig, aber vielschichtig - tja, danach wird es dann richtig spannend. Ein ganz großer Whisky. 90/100 Punkte (2022)


Caol Ila von 1969

Die Brennerei gibt es schon lange nicht mehr. Wie? Caol Ila gibt es nicht mehr? Ja, Caol Ila wurde zwar 1846 gegründet, aber ab dem Jahr 1972 abgerissen. An ihrer Stelle produziert seit 1974 eine deutlich größere und modernere Brennerei, von der früheren Caol Ila Distillery ist nur das markante Lagerhaus übrig.

Caol Ila 1960 - Diageo Archive


Caol Ila 1969, 15 Jahre, 40% alc. Abfüller: Gordon & MacPhail (Connoisseurs Choice, brown label). Ausbau: keine nähere Angabe

Hintergrundbild: ormistonwhisky.com

Nase: Leichter Rauch, zurückhaltend. Bienenwachs trifft auf eine steife Briese an der Nordseeküste. Austern und Muschelkalk neben alten Eichenholzmöbeln, ein paar Algen und Jod. Nach längerer Beschäftigung wird ein kleines Feuer mit Strandgut entfacht, dazu holt jemand einen Picknickkorb hervor. Zarte Äpfel, Birnen und Orangen, eingenebelt von Torfrauch, Meersalz und Mentholzigaretten.

Gaumen: Trotz des niedrigen Alkoholgehaltes recht kräftig zu Beginn, wird dann schnell recht cremig. Der Caol Ila startet mit klaren Rauch, gesalzenen Nüssen, Radicchio und Grapefruit, insgesamt schon eine recht deutliche Bitterkeit. Ich finde Pfeffer, verbranntes Karamell und Kakao.

Abgang: Mittellang und trotz seines vorher noch recht cremigen Mundgefühls trocken. Die Bitterkeit verweilt mit dunkler Mandelschokolade und etwas Kaffeepulver noch länger.

Fazit: Es braucht schon eine geübte Nase und viel Zeit bis sich die Aromen vollends zeigen, auf dem Gaumen kommt der Caol Ila dann anfangs ziemlich aufgeladen daher, wird dann aber schnell zu ruhig und nach meinem Geschmack auch zu bitter. Trotzdem ein wunderbar spannender Single Malt. 89/100 Punkte (2022).


Dallas Dhu aus den 1980er Jahren 

Bei Dallas Dhu handelt es sich wohl um die best erhaltene "Lost Distillery", die Brennerei wurde nach der Schließung von Historic Scotland übernommen und ist heute ein Museum. Die folgenden Bilder zeigen Mitarbeiter beim Torfstechen 1962 und die Brennerei 1960. Die Bilder stammen aus dem Diageo Archiv.


Dallas Dhu 10 Jahre, 40% alc. Gordon & MacPhail (Distillery Map Label)

Nase: Eine Mischung aus Heu, alten Büchern und frischer Druckerschwärze, zudem recht deutlich Menthol. Dann kommen herrlich blumige und fruchtige Aromen auf, Orangenzesten und Pflaumenmus, etwas Mango, Erdbeeren und Mirabellen, duftende Honigmelone und etwas Pfirsich, getrocknete Äpfel mit Zimt. Ganz entfernt erinnert mich wieder etwas an das Papier und die Druckerschwärze, diesmal aber eher nass und aufgeweicht.

Gaumen: Fruchtig, aber sehr säuerlich. Die Orangen sind wieder da, kippen aber schnell in richtig Zitronensaft und nicht mehr guter Grapefruit. Dazu dann Weintrauben, Sekt, Apfelkorn. Der Dallas Dhu baut sich kräftig auf und wirkt viel stärker, dazu Pfeffer, Salz und etwas Muskat, Kerzenwachs, Karamell.

Abgang: Mittellang bis lang mit bleibendem Nachgeschmack, auch hier leicht säuerlich. Hier sind die Apfelaromen wieder etwas stärker, dazu Zitronenkuchen, Eiche, grüner Tee, Pfeffer, Ingwer und ein Hauch Chili.

Fazit: Lustiger und spannender Whisky. In der Nase hat er ein wenig „old bottle flavor“, welches sich jedoch schnell verzieht. Er kommt schnell extrem fruchtig und fast schon aufdringlich daher, schlägt anschließend erst einmal ordentlich auf die Geschmacksnerven um am Ende noch etwas nachzubrennen. 82/100 Punkte (2022)


Dallas Dhu 12 Jahre, 40% alc. Gordon & MacPhail (Distillery Map Label). Ausbau: Keine Angabe 

Nase: Mild fruchtig und gleichzeitig sehr wachsartig. Stachelbeeren treffen auf frische Äpfel, dazu Gräser und ein leicht Nussöl/malziges Aroma. Dahinter grüner Tee und etwas Paraffin, warmer Siegelwachs und etwas Tannengrün. Nach diesem Ausflug kommen die Fruchtaromen wieder, diesmal eine leicht unreife Banane neben getrockneten Aprikosen und zartem Pfeffer.

Gaumen: Kandiszucker und gelbe Gummibären, außerdem nasses Papier und Kerzenwachs, ein leichtes Gemüsearoma mischt sich auch dazwischen. Beim zweiten Schluck kommen Papaya und Orangenmarmelade und Granatapfel, die Aromen sind jedoch immer nur einen kurzen Bruchteil zu erkennen und werden schnell vom Strom des flüssigen Wachses mitgerissen.

Abgang: Eher kurz. Brausepulver mit der Geschmacksrichtung Orange, der Eindruck wird durch prickelnde Eichentannine verstärkt.

Fazit: Wieder ein in der Nase genialer Whisky, der danach aber schnell abflacht und im Abgang erinnert dann nichts mehr an den tollen Start. Schade. 77/100 Punkte (2022)


Port Ellen von 1977 

Weiter oben ging ich ja schon auf den Neubau von Caol Ila ein, Port Ellen war das Opfer und wurde im Gegenzug geschlossen. Heute wohl eine der am stärksten nachgefragtesten Lost Distilleries. 

Foto: Diageo Archive


Port Ellen 1977 - 1994, 17 Jahre, 60,4% alc. Abfüller: Signatory Vintage (Dumpy Bottle). Ausbau: Eichenholzfass Nr. 5560.

Hintergrundbild: macwhisky

Nase: Anfangs etwas zurückhaltend, benötigt ein paar Minuten sich zu entfalten. Der Torfrauch ist weniger stark als erwartet, er eröffnet mit einer Mischung aus Maschinenhalle und Seeluft, das Meer macht schnell Boden gut und dominiert. Algen, Brackwasser, Treibgut. Dahinter gegrillte Meeresfrüchte mit einem Spritzer Zitronensaft, gebuttertes Toast, Heu und Erdnüsse.

Gaumen: Kraftvoll und intensiv, der Torfrauch kommt mit einem gewaltigen Antritt. Lakritz, Salmiak, Teer, Muscheln und Hummer vom Holzkohlegrill, Salzwasser. Dazu Walnüsse und gebrannte Mandeln, eine angenehme Süße kommt kurz auf, dann übernimmt wieder der Rauch.

Abgang: Sehr lang, sehr kräftig, viel Rauch und etwas schwarzer Pfeffer.

Fazit: Die Qualitätsschwankungen bei Port Ellen (insbesondere bei Signatory-Abfüllungen) sind ja enorm. Hier haben wir mal wieder so einen Ausreißer, aber nach oben! Eine richtig starke Abfüllung. 90/100 Punkte (2022)


 
 
 
 
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